TMA & ZH3D

Zürich bietet ideale Bedingungen für Spin-offs

Um die Lücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung zu schliessen, bietet die UMZH interessierten Spin-offs mit dem Translational Medicine Accelerator (TMA) und dem Zürich Hub für Wirkstoff- und Medizinproduktentwicklung (ZH3D) die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Von der Idee zum Produkt: Was Forschung marktfähig macht

Was braucht es, damit aus vielversprechender Forschung konkrete Anwendungen werden? Im Gespräch mit Michio Painter (TMA) und Ralph Schiess (ZH3D) wird deutlich: Gute Ideen allein reichen nicht – es braucht strategische Begleitung, regulatorisches Know-how und unternehmerisches Denken, damit aus Forschung marktfähige Produkte entstehen.

Herr Painter, der TMA (Translational Medicine Accelerator), den Sie leiten, hat in wenigen Jahren mehr als 100 Projekte begleitet. In welchen Bereichen sehen Sie derzeit besonders viel Innovationspotenzial?

Michio Painter: Wir unterstützen Forschende des Netzwerkes der Universitären Medizin Zürich im Bereich Life Sciences dabei, ihre Ideen aus dem Labor zur Marktreife zu bringen – vom diagnostischen Verfahren bis zum Therapeutikum. Die Vielfalt ist enorm: von Ansätzen zur Behandlung von Hörverlust über neue Therapien gegen Fibrose und Multiple Sklerose bis hin zu innovativen Materialien für die Zahnmedizin. Auch seltene genetische Erkrankungen rücken stärker in den Fokus. Wir sehen eine enorme Dynamik, insbesondere im Bereich der personalisierten Onkologie. Viele Projekte arbeiten an präziseren Diagnosen und individuell zugeschnittenen Therapien. Hier zahlt sich das umfassende Netzwerk der Universitätsmedizin Zürich aus: Die enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forschung und Klinik schafft ideale Voraussetzungen, um solche Innovationen in die Anwendung zu bringen.

Wie verläuft idealerweise der Weg von der ersten Idee bis zur klinischen Anwendung?

Painter: Von der ersten Idee bis zur Behandlung von Patientinnen und Patienten können mehr als zehn Jahre vergehen. Gerade am Anfang ist es entscheidend, dass Forschende verstehen, wie sich ihre Technologie in ein marktfähiges Produkt translatieren lässt. Der Unterschied ist vergleichbar mit dem zwischen der Entdeckung von Grafit und dem Bau eines funktionierenden Bleistifts. Damit eine Idee den Sprung in die Anwendung schafft, braucht es früh spezialisierte Partner – etwa Investorinnen oder Unternehmen aus dem Gesundheitssektor, die Erfahrung darin haben, Produkte an den Markt zu bringen. Sie müssen bereit sein, hohe Summen zu investieren, nicht selten im zweistelligen oder sogar dreistelligen Millionenbereich. Ohne diese Investments kommen die neuen Entwicklungen nicht in die klinischen Studien und damit auch nicht zu einer grösseren Anzahl von Patientinnen und Patienten.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen? 

Painter: Aktuell begleite ich einen Wissenschaftler, der einen neuartigen Therapieansatz gegen Fibrose entwickelt hat. Nun steht er vor der entscheidenden Frage: Wie soll der Wirkstoff konkret aussehen? Soll es ein Small Molecule, ein Antikörper oder ein komplexeres Format wie ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat sein? Bei genau solchen strategischen Überlegungen unterstützen wir vom TMA: Welche Variante hat die besten Chancen – medizinisch, aber auch aus Sicht von Markt und Investorinnen und Investoren? Sobald ein Projekt so weit gereift ist, dass es in die Entwicklungsphase übergehen kann, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, es an Ralph Schiess und sein Team zu übergeben.

Herr Schiess, Sie leiten den Zurich Hub for Drug and Device Development (ZH3D). Was genau unterscheidet Ihre Arbeit von der des TMA?

Ralph Schiess: Während der TMA vor allem bei der strategischen Ausrichtung unterstützt, setzen wir bei ZH3D dort an, wo die technische Umsetzung beginnt – vor allem unter regulatorischen Gesichtspunkten. Wir schaffen ein Umfeld, in dem Forschung nach den GxP-Standards (Good Practice Standards) von GLP, GMP und GCP* stattfinden kann. Diese Qualitätsanforderungen sind später entscheidend für klinische Studien und Zulassung. Gerade für Spin-offs ist es wichtig, diese Standards frühzeitig zu verstehen und umzusetzen, um teure Fehler und Verzögerungen zu vermeiden. Wenn etwa ein Experiment nicht korrekt dokumentiert ist oder experimentelle Replikate fehlen, kann das später zu einem echten Problem werden.

Welche Rolle spielen dabei die sogenannten GxP-Standards konkret? 

Schiess: Sie sind das Fundament jeder späteren Zulassung. Ohne diese Standards bleibt ein Prototyp im Labor stecken. Wir helfen den Teams, diese regulatorischen Anforderungen nicht als Hürde zu sehen, sondern als Teil des Entwicklungsprozesses – etwa bei der Designkontrolle, der Dokumentation oder dem Qualitätsmanagement. So lassen sich nicht nur Risiken minimieren, sondern auch Entwicklungskosten deutlich besser planen.

Sie bauen derzeit ein Team auf. Wozu braucht es das, wenn man auch externe Beratatende engagieren könnte? 

Schiess: Früher hat man viele Fragen an externe Beraterinnen und Berater ausgelagert. Das kann funktionieren, aber oft fehlt der Kontext. Deshalb bauen wir an der Universität Zürich eine zentrale Infrastruktur auf: mit Coaching, Schulungen und gebündeltem Know-how. Natürlich arbeiten wir weiterhin mit externen Partnerinnen und Partnern zusammen. Aber wir übersetzen zwischen Labor, Markt und Regulatorik und sichern so wertvolles Erfahrungswissen für kommende Projekte. Dazu gehören auch Schulungen und eine eigene GxP-Akademie, mit der wir langfristig eine neue Innovationskultur etablieren wollen.

Wie arbeiten TMA und ZH3D konkret zusammen? 

Painter: Sehr eng. Gemeinsam hoffen wir, jährlich Dutzende Projekte zu begutachten. Aktuell entstehen daraus vier bis fünf Ausgründungen, dabei wäre das Potenzial für deutlich mehr da. Mit der richtigen Unterstützung könnten es 10 oder 20 sein. Daran arbeiten wir als Team.

Wie wichtig ist unternehmerisches Denken in diesem Prozess?

Schiess: Enorm wichtig. Viele Forschende sind brillante Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber keine Unternehmer. Sie müssen lernen, mit Investorinnen und Investoren zu sprechen, Teams zu führen, Produktideen erfolgreich umzusetzen. Je früher sie damit in Berührung kommen, desto besser.

 

*Glossar:
GxP = Good Practice
GLP = Good Laboratory Practice
GMP = Good Manufacturing Practice
GCP = Good Clinical Practice

Von der Forschung zur Marktreife: Zürich bietet ideale Bedingungen für Spin-offs

Die Gründung eines Spin-offs beinhaltet typischerweise den Übergang von reiner Forschung zur Kommerzialisierung, was eine erhebliche Herausforderung darstellt. Dieser Prozess erfordert die Entwicklung einer marktfähigen Anwendung oder eines Produkts aus den Forschungsergebnissen. Dazu gehören Aspekte wie Produktentwicklung, Marktanalyse, Geschäftsmodellierung, Finanzierung, rechtliche Rahmenbedingungen und der Aufbau eines operativen Geschäfts. Das Überwinden dieser Hürden ist entscheidend, um aus einer wissenschaftlichen Idee ein erfolgreiches kommerzielles Unternehmen zu machen.

Gezielte Förderung erhöht die Wettbewerbsfähigkeit

Um die Lücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung zu schliessen, bietet die Universitäre Medizin Zürich (UMZH) interessierten Spin-offs mit dem Translational Medicine Accelerator (TMA) die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Indem der Entwicklungsprozess professionell begleitet und damit beschleunigt wird, können die Erfolgschancen medizinischer Innovationen im Markt erhöht werden. Der TMA bietet massgeschneiderte Beratung, unternehmerische Schulungen sowie Mentoring und bringt Gründerinnen und Gründer mit relevanten Akteuren aus der Industrie sowie mit Investoren zusammen. Besonders hervorzuheben ist der UZH Life Sciences Fund, der spezifische finanzielle Unterstützung für Spin-offs bereitstellt, um ihre Geschäftsstrategie zu entwickeln und ihre Projekte erfolgreich zu skalieren.

Der TMA hat in den letzten drei Jahren fast 100 Projekte unterstützt. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch SPARK ZURICH, ein vom TMA unterstütztes Mentoring-Netzwerk, das auf dem erfolgreichen und gleichnamigen Programm der Stanford University in den USA basiert. Gründer-Teams können ihre Projekte und Pläne präsentieren und vom Feedback eines externen Fachpublikums profitieren.

Der Wirtschaftsstandort Zürich ist einzigartig

Zürich selbst bietet als Standort ideale Bedingungen für innovative Life-Science-Unternehmen, die ein erfolgreiches Geschäft aufbauen möchten. Als Wirtschaftszentrum der Schweiz besticht die «Greater Zurich Area» durch eine hohe Dichte an kleinen Biotech-Unternehmen, etablierten Industriepartnern und modernster Laborinfrastruktur. Darüber hinaus bietet die Region den Zugang zum «Swissmedic Innovation Office», das Innovationen im Bereich der Medizinprodukte und Arzneimittel unterstützt. Durch die Förderung von Spin-offs entstehen nicht nur innovative Unternehmen, sondern auch hochqualifizierte Arbeitsplätze. Die Nähe zu führenden Hochschulen und renommierten universitären Spitälern steigert die Attraktivität zusätzlich. Besonders für Investoren sind die enge Zusammenarbeit mit global führenden Forschungseinrichtungen und der Zugang zu internationalen Märkten von Interesse.


Die Universitäre Medizin Zürich als Treibkraft in dieser dynamischen Innovationslandschaft trägt massgeblich zur Stärkung Zürichs als führendem Standort für medizinische Innovationen bei. Dies resultiert letztlich in einer signifikanten Verbesserung der Gesundheitsversorgung und unterstreicht die zentrale Rolle Zürichs im globalen Life-Science-Sektor.

Kontakt

TMA (Translational Medicine Accelerator UMZH)
Moussonstrasse 15
8044 Zürich

Michio Painter: E-Mail
Liliane Brunner Halbach: E-Mail

Universität Zürich
ZH3D – Zürich Hub für Wirstoff- und Medizinproduktentwicklung
Stampfenbachstrasse 73
8006 Zürich

Ralph Schiess: E-Mail

Credits

Interview: Marita Fuchs
Foto: Frank Brüderli

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